Libellen
Diese Seiten habe ich im Jahre 2013 begonnen; 200 Jahre nach der Geburt von Michel Edmond de Selys Longchamps (1813 – 1900) – dem Begründer der Odonatologie; ihm sind diese Seiten über die Libellen Europas gewidmet.
© Clemens M. Brandstetter
Diese Ordnung von Insekten (Odonata) ist sehr sensibel, denn die Libellenlarven sind Lebewesen, die im Wasser leben und somit von der Qualität des Wassers und Art der Wasserführung abhängig sind, zumal die Larvalentwicklung zwischen drei Monaten (z. B.: Sympetrum) bis zu fünf Jahren (z. B.: Cordulegaster) dauern kann. Die Larven jagen andere im Wasser lebende Insektenlarven bis hin zu kleineren Kaulquappen. Sie verwenden dabei eine Fangmaske mit deren Hilfe sie die Beute schnell ergreifen und festkrallen können. Sie halten so manchen Teich mückenlarvenfrei. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass jeder Naturfreund auf Goldfische in seinem Gartenteich verzichten soll, denn diese fressen wiederum die Libellenlarven; Goldfische sind ausserdem nicht bei uns heimisch. – Teiche sollen möglichst gross angelegt werden – ein Beispiel ist der Teich im Dornbirner Stadtpark (Friebe 2013).
Weltweit gibt es rund 6.000 verschiedene Libellenarten, in Mitteleuropa sind es fast 80, von denen fast 2/3 als gefährdet angesehen werden müssen (rund 1/4 der Arten sind ausgestorben, vom Aussterben bedroht, oder stark bedroht!). Bei einer mehrjährigen Entwicklung im Wasser können wir uns das recht gut vorstellen: wie schnell wird heute ein Biotop zerstört oder dessen Funktion beeinträchtigt: ein Güllefass ist rasch irgendwo entleert (der Viehbestand ist nun mal überhöht, sodass man vielerorts nicht mehr von Düngung sondern nur mehr von Entsorgung sprechen kann!), wo es eben nicht sein sollte (es ist haarsträubend wie nahe die landwirtschaftlichen Flächen oft an naturgeschützte Seen heranreichen), wie rasch kann heute eine Feuchtwiese oder ein Moor durch einen naturfernen Graben entwässert und zerstört werden: ein Mann mit einem Bagger schafft das innerhalb kürzerer Zeit, als ein Fussballspiel dauert! Und dann werden dort Produkte angebaut, die man wieder stützen muss, damit sie überhaupt verkauft werden können – eine total verkehrte Welt!
Bemerkenswert ist auch das Verhalten der erwachsenen (adulten) Tiere bei der Eiablage: Eine Gruppe tut dies im Tandemflug (Männchen und Weibchen fliegen aneinandergeheftet), oder das Weibchen legt die Eier unter Aufsicht des Männchens, oder das Weibchen tut dies ganz ohne Partner. Die Anzahl der Eier kann variieren, manche Tiere werfen nur zwanzig, andere weit über einhundert Eier ab. Manche weiblichen Exemplare der Prachtlibellen können über eine Stunde unter Wasser verharren und dort die Eier an den Unterwasserpflanzen befestigen.
Wichtig für Libellen sind auch geeignete Waldlichtungen – Wildermuth (2010) hat dazu in der Schweiz ganz wichtige Beobachtungen angestellt und publiziert.
Noch ein wichtiger Hinweis: Libellen stechen nicht, denn sie haben keinen Stachel. Obwohl sie gefährlich aussehen, sind sie in Wirklichkeit absolut harmlos.
Das System der Libellen (Odonata):
ODONATA
Zygoptera – Kleinlibellen: sie sind leicht kenntlich, da sie in Ruhestellung die etwa gleich grossen Flügel zusammenklappen. Das Augenpaar ist weit voneinander getrennt.
Calopterygidae – Prachtlibellen
Lestidae – Teichjungfern
Coenagrionidae – Schlanklibellen
Platycnemididae – Federlibellen
Anisoptera – Grosslibellen: nach dem Schlupf und der Aushärtung der Flügel können sie diese nicht mehr zusammenklappen; die Hinterflügel sind in Körpernähe breiter als die Vorderflügel; die beiden Augen berühren sich zumindest an einer Stelle (Ausnahme: Flussjungfern).
Aeshnidae – Edellibellen
Gomphidae – Flussjungfern
Cordulegastridae – Quelljungfern
Corduliidae ‐ Falkenlibellen
Libellulidae – Segellibellen
Verbreitung der Libellen:
Libellen kommen in allen Erdteilen vor, sieht man von Arktis und Antarktis ab. Wer sich mit der südeuropäischen Fauna befasst, wird feststellen, dass so manche Art aus Afrika zufliegt bzw afrikanische Arten auf den europäischen Inseln und in Südeuropa heimisch wurden. Siehe dazu Dijkstra & al. 2011. Über die Verbreitung (Biodiversität) der Libellen auf unserem Planeten siehe Kalkmann & al. 2008.
Jäger und Gejagte:
Der grösste Feind der Libellen ist der Mensch. Da die Libellenlarven eine gewisse Entwicklungszeit im Wasser verbringen, sind sie oft Beute von Fischen oder Lurchen. Später als Imago sind die Libellen eine beliebte Beute von Vögeln, Hornissen, Wespen, Spinnen oder ihresgleichen. Sie können allerdings auch von Milben befallen werden. Die Libellen sind gute und ausdauernde Flieger und haben Facettenaugen mit Rundumblick.
Eine Libelle gefangen im klebrigen Netz einer Kreuzspinne (Foto: © Luigi Lenzini).
Eine mit Milben (Acari) besetzte Libelle aus Usini/Sardinien (Foto: © Salvatore Canu).
Eine Libelle (Anax sp.) mit erbeutetem Schmetterling – Foto: Domenico Faridone.
Ischnura elegans mit einer erbeuteten Mücken-Larve – © Foto: Alberto Isnenghi.
Entwicklung der Libellen (vom Ei zum Imago)
Nach der Kopulation beginnen die Weibchen – teils unter Aufsicht der Männchen – mit der Eiablage. Diese erfolgt entweder an verschiedene Laubbäume (Weiden), die über das Wasser ragen, an Wasserpflanzen im und unter Wasser, oder wahllos durch Abwurf über dem Wasser. Aus den Eiern schlüpfen nach Wochen oder Monaten die Larven, welche nun ein oder mehrere Jahre zum Heranwachsen benötigen. Sie sind überaus gute Jäger, die es sogar mit Jungfischen aufnehmen können. Sie besitzen eine Fangmaske mit deren Hilfe sie blitzschnell andere Lebewesen ergreifen können. Ist die Larve erwachsen so verlässt sie das Wasser, um an einem kräftigen Halm oder dem Ast eines Strauches empor zu klettern. Dort bricht die Larvenhaut auf und die Libelle, die nun noch weich und nicht ausgefärbt ist, verlässt die Hülle. Jetzt ist sie anfällig und hilflos gegenüber anderen Fressfeinden, etwa Vögel, Ameisen oder Raubwanzen. Nach ein paar Stunden ist sie ausgehärtet und im Laufe der nächsten Tage bekommt sie ihre arttypische Färbung; sie ist nun bereit einen Partner zu finden und der Kreislauf beginnt von neuem.
Die Entwicklung einer Libelle nach dem Aufplatzen der Larvenhaut bis zur Aushärtung (Fotos: © S. Canu).
Paarungsabfolge am Beispiel von Calopteryx haemorrhoidalis (Fotos: © S. Canu).
Mit Hilfe der Facettenaugen haben die Libellen einen ausgezeichneten Rundumblick (Foto: © Luigi Lenzini).
Dass Libellen eine durchaus beliebte Tiergruppe sind, beweisen Briefmarken in aller Welt:
Sogar Deutschland veröffentlichte 1991 eine Serie über Libellen.
Rote Listen:
Landeskundliche Projekte
Namensberichtigungen & Literatur
Cyrille Deliry – 2019
Die Libellen der Welt
Weiterführende Literatur:
Dijkstra, K.-D.B. & R. Lewington 2014: Libellen Europas. – Haupt, Bern.
Dijkstra, K.-D.B., J.-P. Boudot, V. Clausnitzer, J. Kipping, J.J. Kisakye, S.S. Ogbogu, B. Samraoui, M.J. Samways, K. Schütte, J.P. Simaika, F. Suhling & S. Tchibozo 2011: Dragonflies and Damselflies of Africa (Odonata): History, Diversity, Distribution, and Conservation. In: Darwall, W.R.T., K.G. Smith, D.J. Allen, R.A. Holland, I.J. Harrison & E.G.E. Brooks (Editors). The Diversity of life in African Freshwaters: Under Water, Under Threat. An analysis of the status and distribution of freshwater species throughout mainland Africa.IUCN. 128-177.
Dommanget, J.L. 2012: Répertoire 1985-2011 de la revue Martinia et des autres travaux publiés par la Société française d’Odonatologie. – Société française d’Odonatologie (SfO). Document non publié, 44 pp.
Kalkman, V.J., V. Clausnitzer, K.-D.B. Dijkstra, A.G. Orr, D.R. Paulson & J. van Tol 2008: Global diversity of dragonflies (Odonata; Insecta) in freshwater. In: Balian, E., C. Lévêque, H. Segers &∓ K. Martens (Editors). Freshwater animal diversity assessment. Hydrobiologia 595: 351-363.
Landmann, A. (2005): Rote Liste der Libellen Tirols. In: Landmann, A., G. Lehmann, F. Mungenast & H. Sonntag: Die Libellen Tirols. Innsbruck, Wien: Berenkamp. S. 261-263.
Raab, R., A. Chovanec & J. Pennerstorfer (2007): Libellen Österreichs. Hrsg.: Umweltbundesamt, Wien. – Springer Wien, New York: . 343 S.
Raab, R. & E. Chwala (1997): Rote Liste ausgewählter Tiergruppen Niederösterreichs – Libellen (Insecta: Odonata). Wien: Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Naturschutz.
Wildermuth H. 2010: Waldlichtungen als terrestrische Habitate von Libellen (Odonata). – Entomo Helvetica 3: 7-24.
Für die Erstellung der Seiten wurden folgende Quellen benutzt: www.wikipedia.de, www.libellenwissen.de, www.odonata.it, www.naturamediterraneo.com
Für Informationen zum aktuellen Status der Arten, ihrer Verbreitung, und die englische Übersetzung, konsultiere ich
Boudot J.-P., V. J. Kalkman, M. Amorín, T. Bogdanović, A. Rivera, G. Degabriele, J.L. Dommanget, S. Ferreira, B. Garrigós, M. Jović, M. Kotarac, W. Lopau, M. Marinov, N. Mihoković, E. Riservato, B. Samraoui & W. Schneider 2009: Atlas of the Odonata of the Mediterranean and North Africa. – Libellula Supplement 9:1-256.
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