Limax corsicus

© Clemens M. Brandstetter

Der Korsische Schnegel wurde aus Korsika (LT: Bastelika) von Moquin-Tandon 1855 beschrieben. Die umfangreichste Dokumentation über die Limax-corsicus-Gruppe finden wir in Nitz & al. 2010. Die Wiege des Korsischen Schnegels stand wahrscheinlich nicht in Korsika oder Sardinien sondern auf dem italienischen Festland, von wo aus sich der Schnegel in Wellen über die damals existenten Landverbindungen auf die verschiedenen Gebirge bzw Bergketten ausbreitete. Durch Einbruch des thyrrenischen Meeres und somit Entstehung des Toskanischen Archipels (die Bergspitzen blieben als Inseln übrig) und der Abspaltung der sardisch-korsischen Platte von Frankreich kam es zur Ausbildung und Entwicklung der heute endemischen Arten im Bereich der Inseln zwischen Korsika bis Ischia bzw dem Viereck Pisa, Ancona, Gargano, Napoli. Aufgrund ausgedehnter Forschungsreisen südlich dieser bisher bekannten Verbreitungsgrenze fanden Alessandro Hallgass und ich weitere Vorkommen (Kampanien, Basilikata, Kalabrien). Diese geologischen Bewegungen (Zerfallen, Aufeinaderdriften, Auffalten, Auseinanderdriften etc.) dauerten einige Millionen Jahre  (Abb. 1). Siehe dazu auch Rosenbaum & al. (2002).

Bemerkenswert ist die genetische Aufspaltung der korsischen Schnegel auf Korsika in zwei Artengruppen, nämlich in "Nord-Korsika-Toskana" und "Endemisch-Korsika"; es stellt sich hier also ein genetischer Zusammenhang zwischen den nordkorsischen Tieren und solchen vom Toskanischen Archipel bzw Festlanditalien dar. Siehe dazu Nitz & al. 2010. 

Abb. 1: Verschiebung der korsisch-sardischen Platte nach Alvarez (1972).

 

Abb.2a: Limax corsicus Moquin-Tandon 1855 – Foto: Gerhard Falkner – dieses wundervolle Bild zierte ursprünglich den DFG-Forschungsantrag (Deutsche Forschungsgemeinschaft).

Abb. 2b: Bastelica um 1830 – also etwa 25 Jahre vor der Beschreibung.


Folgende Arten aus der Limax-corsicus-Gruppe wurden bisher beschrieben (Geordnet nach dem Jahr ihrer Beschreibung):

Abb. 3a: Limax senensis Lessona & Pollonera 1882 aus Siena (Foto: © C.M.Brandstetter)

Abb. 3b: Limax senensis aus der Umgebung von Siena (Foto: © Giuseppe Micheli)

 

Abb 4a: Limax sordidus Lessona & Pollonera 1882 – Originalbeschreibung.

Abb 4b: Limax sordidus Lessona & Pollonera 1882 aus der Umgebung von Florenz  (Foto: © C.M.Brandstetter).

 

Abb. 5: Limax ciminensis Pollonera 1890 vom Monte Cimino (Foto: © C.M.Brandstetter).

 

Limax gerhardti Niethammer 1937 – dazu existieren bislang keine aktuellen Lebendfotos – einzigen Hinweis auf diese Art finden wir bei Gerhardt (1937), der das Paarungsverhalten beschreibt und abbildet. Trotz zweimaliger Exkursionen auf die Insel Ischia war es mir bislang nicht möglich die Tiere lebend zu fotografieren. Es gibt allerdings von mir über Einheimische erhaltene Tiere, die in Museumsbestände einverleibt wurden. 

 

Abb. 6: Limax giustii Falkner & Nitz 2010 von Capraia (Foto: © Paolo Fontanesi).

 

Abb. 7: Limax ilvensis Falkner & Nitz 2010 von Elba (Foto: © Leonardo Forbicioni).

 

Da ich auf Korsika noch nie nach Limax gesucht habe, kann ich hier über die beiden folgenden Arten nur berichten, was man derzeit in der Literatur findet – beide Arten gehören zum "Endemischen-Korsika"-Block; aus Korsika sind eine Reihe weitere Arten neu zu beschreiben (Nitz & al. 2010). Offensichtlich kam es in Korsika zumindest zu drei Einwanderungen durch Limax.

Limax wolterstorffi Simroth 1900
Limax vizzavonensis Falkner &∓ Nitz 2010 (syn. = L. cinereoniger var. minimus Pollonera 1896)


Allen Tieren aus der Limax-corsicus-Gruppe ist gemeinsam, dass sie eine rot-dreigestreifte Sohle aufweisen (Abb. 8), wobei bei einzelnen Exemplaren auch der Schleim rotorange eingefärt sein kann. 

Abb. 8: Unterseite eines Korsischen Schnegels aus Sardinien (Studioaufnahme).


Der Kopulationsmodus dieser Art unterscheidet sich von anderen dadurch, dass die Artengruppe rund um den Limax corsicus niemals am Schleimfaden kopuliert, sondern sich einem "x" ähnlich auf dem Untergrund fixiert. Nach der Umschlingung der Körper werden die Penes ausgestülpt und in mehrstündiger "Arbeit" werden die Penes teilweise extrem lang (Rekord: 92 cm) und anschliessend wird das Sperma in die Penisspitzen gedrückt um ausgetauscht zu werden. Ich nehme an, dass die Länge der Penes ein Artmerkmal darstellt und ein Austausch des Spermas bei unterschiedlich langen Penes nicht stattfinden kann.

Hierher gehört nun ein Foto, welches in meinem Garten entstanden ist und den Versuch von offensichtlich zwei süditalienischen Arten zeigt, das Sperma auszutauschen. Letztlich gelang dies nicht, die Kopulation wurde vorzeitig abgebrochen, die Tiere trennten sich – für mich ein guter Beweis einer Zwei-Arten-Theorie anhand der Sexualbiologie (Abb. 9).

 

Abb. 9: Die "X"-Stellung weist auf die Limax-corsicus-Gruppe hin – der Spermaaustausch wurde nicht vollzogen!


Literatur:

Alvarez, W. 1972: Rotation of the Corsica–Sardinia Microplate. – nature physical science 235: 103-105.

Gerhardt, U. 1937: Weitere Untersuchungen zur Sexualbiologie der Limaciden. — Z. Morphol. Ökol. Tiere, 32 (3): 518-541. Berlin.

Moquin-Tandon, A. 1855. Histoire naturelle des mollusques terrestres et fluviatiles de la France contenant des études générales sur leur anatomie et leur physiologie et la description particulière des genres, des espèces et des variétés. Tome second. – pp. 1-646, atlas 1-92, Pl. I-LIV 1-54. Paris. (Baillière).

Nitz B., Falkner G. & G. Haszprunar 2010: Inferring Multiple Corsican Limax (Pulmonata: Limacidae) Radiations: A Combined Approach Using Morphology and Molecules. – M. Glaubrecht (ed.), Evolution in Action, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.

Rosenbaum, G., Lister, G. S. & Duboz, C. 2002: Reconstruction of the tectonic evolution of the western Mediterranean since the Oligocene. In: Rosenbaum, G. and Lister, G. S. 2002. Reconstruction of the evolution of the Alpine-Himalayan Orogen. – Journal of the Virtual Explorer, 8, 107 – 130. 

 

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