Zu wissen, wovon wir reden

Unlängst bekam ich eine Einladung von Acus [Arge Christentum & Sozialdemokratie] zu einer Veranstaltung im Vorarlberg Museum am 10.10.2022 um 19:00 – da lächelte mir das Gesicht jenes Herrn entgegen, der mir von meinem philatelistischen Exponat Flüchtiges Glück wohl bekannt war: Ernest Prodolliet – der mutige und menschliche Schweizer Vizekonsul und Fluchthelfer in Bregenz 1938. Rund 5.000 Personen konsultierten sein Büro, Hunderten verschaffte er die Möglichkeit in die Schweiz einzureisen oder durch die Eidgenossenschaft durch zu reisen. Über die damaligen Verhältnisse in der Schweiz gibt uns ein Faksimile [Dodis 46617] Auskunft.

In einem Atemzug sollte man auf Paul Grüninger nicht vergessen: der Schweizer Polizeihauptmann wurde wegen seiner unerlaubten Hilfen 1939 suspendiert und alle Rechte aus seiner Beschäftigung wurden ihm abgesprochen. Er starb verarmt 1972 in Sankt Gallen. 1993 wurde Grüninger posthum rehabilitiert und 23 Jahre nach seinem Tod wurde sowohl das Fehlurteil korrigiert und ausserdem die damalige Schweizer Flüchtlingsgesetzgebung als unvereinbar mit den Prinzipien eines Rechtsstaates erkannt. Diesen Satz wollen wir uns merken!

Prodolliet wurde mit einem strengen Verweis bestraft, seine Karriere in den USA war damit beendet und er musste – disziplinarisch versetzt – in Amsterdam Dienst tun. Er tat dies mit Bravour und half dort wiederum vielen Verfolgten zur Flucht. Er schien unbelehrbar zu sein. Nach zwei Hirnschlägen verstarb Prodolliet 1984 in seinem Geburtsort Amriswil.

Es sei noch erwähnt, dass die neutrale Schweiz gemäss Bundesrat-Beschluss mit Kriegsausbruch 1939 diplomatische Tätigkeiten als Schutzmacht ausübte. Tätig wurde man nur nach Ersuchen anderer Staaten, private Begehren blieben unberücksichtigt. Ab 1943 war Prodolliet in einer dieser Funktionen in Berlin bis August 1943 tätig. 1944 bis 1946 wurde er an die Botschaft in Paris versetzt.

In diesem Zusammenhang muss auch auf einen Berichterstatter der damaligen Verhältnisse hingewiesen werden: Jan Karski. Dazu mein Vorwort zu meinem Exponat: Karski ist in eine unruhige Zeit hinein geboren. Kurz nach Studium und Ausbildung beginnt der Zweite Weltkrieg, er wird Kurier der polnischen Heimatarmee und kann ein Konzentrationslager und das jüdische Ghetto Warschaus in geheimer Mission auskundschaften. Das Unglaubliche, das er dort sieht, berichtet er den Alliierten: Aussenminister Eden (GB), Präsident Roosevelt (USA) u. a. – doch es interessiert sie nicht. Karski später: „Generäle, Staatsmänner, Bischöfe und Wissenschaftler besuchten Deutschland, und alle sagten, sie hätten es nicht gewusst. Sie waren alle Heuchler, alle!“

Doch wie war es möglich, dass ein Mann wie Hitler [Hindenburg spöttisch: „ein böhmischer Gefreiter“] so weit in der Hierarchie der Politik der damaligen Zeit emporsteigen konnte? Es gibt darauf mehrere Antworten: erstens hatte die westliche Welt panische Angst vor den Bolschewisten. Hitler wurde immer wieder von den Mächtigen der damaligen Welt für sein Bollwerk gegen den Bolschewismus gelobt und bedankt. Zweitens: zuvor hatte er reiche Gönner in Deutschland: Frauen und Männer, die die Tristesse der 1920er-Jahre satt hatten, haben ihn ideell und vor allem materiell unterstützt, auch weil sie sich von Hitler und seiner NSDAP Vorteile erhofft haben, hatte er doch zwei Feindbilder etabliert, den Juden und den Bolschewisten [1917 hatten reiche Juden die russische Revolution von Aussen und Innen unterstützt, eine Revolution, die Millionen Tote gefordert hatte; und fortan waren es die „Roten“, die Sozialisten und Kommunisten, die in Deutschland neben den Juden verfolgt wurden].

Drittens: Wesentlich für die Finanzierung des Zweiten europäischen Krieges (vulgo Zweiter Weltkrieg) war die Unterstützung Hitlers durch verschiedene Banken, die wiederum 1933 eine neue Bank gegründet hatten: die BIZ – Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – mit Sitz in Basel. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 übernahm die BIZ den Wiener Goldschatz und war danach bei der Zuweisung des Goldes aus der Rest-Tschechei zu Gunsten der Nationalsozialisten behilflich. Zwischen 1939 und 1945 wickelte die BIZ alle Devisengeschäfte des Deutschen Reiches ab, was der BIZ den Vorwurf des Handelns mit Raubgold einbrachte. In der BIZ gab es auch US-Banken jüdischer Eigentümer – auch sie finanzierten und hatten damit materielle Teilhabe an der Endlösung der Judenfrage, die man heute als Holocaust bezeichnet. Die Konstellation der damalige Verhältnisse lässt sich heute auf Wikipedia nachlesen.

Es ist zu hoffen, dass in diesem Vortrag diese damaligen Vorgänge nicht unerwähnt bleiben und als Mahnmal und „Denk mal“ gezeigt werden, denn Notenbanken, die auch Geld aus dem Nichts schaffen können, finanzieren heute alle Kriege, in denen es wie damals Millionen Verfolgte und Tote gibt. Auch das kann in einem meiner Exponate mit dem Titel Der Puppenspieler nachgelesen werden. Dieses Exponat ist der Vorspann zum Exponat Nie wieder Krieg!

Leider ist es allzu menschlich, dass es nur ein Feindbild benötigt; Medien, die das Feindbild zeigen, hetzen und beschuldigen, dann beginnt – gerade, wenn die Zeiten schlecht werden oder sind – zunächst der Mob zu rebellieren und irgendwann bekommt alles eine kaum beherrschbare Eigendynamik mit offenem Ausgang, meint…

der Brandstetter

Zur Info: die BIZ ist heute exterritorial in Basel domiziliert. Niemand – keine Behörde unserer Welt – hat über die BIZ eine Kontrolle irgendwelcher Art. Nationale Banken müssen interne Bankengesetze befolgen. Man nennt sie Basel I, II, III und Basel IV – sie regeln die Eigenkapitaldeckung der Banken. Daher müssen in vielen Ländern Europas private Kreditnehmer (der bekannte Häuslebauer) 20% Eigenkapital beibringen, um zB einen Baukredit zu erhalten. Alles läuft auf ein altes Spiel hinaus: Grundbuchseintrag gegen Giralgeld. Im Falle eines Geldsturzes ist es wie mit „Zero“ in der Spielbank – will heissen, alles gehört der Bank – oder wie man heute zu sagen pflegt: Game over. – Eine Einlagensicherung kann uns kaum beruhigen.

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