Schnegel

© Clemens M. Brandstetter

Prolog: Mit diesen Seiten will ich für eine missverstandene Tiergruppe Werbung machen – ähnlich wie Schlangen sind diese Tiere als "grausig" in unseren Gehirnen verankert. Diese Angst will ich den Besuchern dieser Seiten nehmen und sogar auffordern, mir Fotos von Exemplaren zu senden – und vielleicht kann ich Personen dazu animieren, sich mit dieser verkannten Tiergruppe zu beschäftigen. 


    Limacidae: "lumache nude" prive di guscio esterno, il foro respiratorio si apre sempre sulla destra (guardando il senso di marcia) ha una cresta sul terzo terminale del dorso, la suola è tripartita e può essere monocromatica (bianco/crema)  o con le fasce esterne colorate di arancio o di grigio e la centrale chiara, il muco può essere trasparente o color arancio.


Die Schnegel können in ein künstliches System eingeordnet werden. Dieses folgt dem Aussehen, der Anatomie, der Genetik und/oder dem Paarungsverhalten. 

Zunächst gibt es zwei grosse Gruppen – die des Tigerschnegels und die des Schwarzen Schnegels. Im Apennin Italien finden sich auf den Bergen bis hinaus zu den Bergspitzen mittelgrosse schwarze Schnegel – sie soll Limax-ianninii-Gruppe heissen. Im Alpenbogen der Schweiz und Italiens kommt die Gruppe der Engadiner Schnegel vor. Diese Tiere haben ein besonders Paarungsverhalten: die Paarung ist im Gegensatz zu vielen anderen Schnegel-Arten in nur wenigen Augenblicken vollzogen. Die Limax-redii-Gruppe ist in puncto Paarungsverhalten gänzlich konträr: ihre Paarung kann über 24 Stunden dauern. Limax alpinus gehört zu der am besten beschriebenen Schnegel-Art. Limax subalpinus kommt ebenfalls im südlichen Teil des Alpenbogens vor. Die Limax-corsicus-Gruppe ist auf den tyrrhenischen Inseln und dem italienischen Festland weit verbreitet. Limax bivonae wurde von Sizilien beschrieben. Brachylimax ist eine Gattung aus dem Friaul.      


Schnegel  (Limacidae) sind sogenannte Landlungenschnecken oder wissenschaftlich ausgedrückt: sie gehören zu den Stylommatophora. Die Schnegel zählen zu den grössten Schnecken in Mitteleuropa. Mit stolzen Längen von bis zu 25 cm – oder beim "Paarungslauf" zweier Exemplare, die zusammen 50 cm lang sein können, denkt man unwillkürlich an etwas Schlangenähnliches.

Die Schnegel sind meist nachts oder nach einem Gewitterregen in der Natur anzutreffen. Sie verstecken sich tagsüber in Kleinhöhlen, unter Steinen oder in Baumstrünken und gehen während der Nacht auf Nahrungssuche  und verzehren Pilze, Flechten und Moose. Erwachsene Exemplare suchen einen Partner.

Was ist nun das Besondere an diesen Schnecken? Mich fasziniert vor allem deren Paarungsverhalten: der Paarung an sich geht eine mehr oder weniger lange Verfolgung zweier Exemplare voraus. Da die Schnegel Zwitter sind, musste sich die Natur eine besondere Variante für die Paarung ausdenken: nach der Verfolgung finden zwei Schnegel einen geeigneten Ort – meist einen Baumast oder -stamm, um die eigentliche Paarung zu vollziehen: kurz gesagt die beiden Tiere umwinden sich und pressen nach und nach ihren Penis aus dem Körper; die beiden Penes umfassen sich und je nach Art erfolgt der Spermaaustausch an der Penisspitze innerhalb von wenigen Sekunden bis hin zu über 20 Stunden.

Ausserdem ist das Studium der Schnegel Neuland – vgl. Cuttelod A., Seddon M. & E. Neubert 2011 in: European Red List of Non-marine Molluscs: "In contrast, the slug families (e.g. Limacidae [ecc.]) are currently undergoing taxonomic reviews, and hence the distributional data were considered to be very variable in quality, although there are distinct areas of endemism, with some species of conservation interest in the montane regions (e.g. Carpathians, Alps) as well as on the Mediterranean islands (e.g. Corsica). Therefore, it was not considered appropriate to review these taxa until the nomenclature and species definition limits become more stable."

Aus den vor erwähnten Gründen verbringe ich einen grossen Teil meiner Freizeit mit dem Studium und dem Finden der Schnegel-Arten an den jeweils ursprünglich beschriebenen Fundorten. Diese sogenannten Typenfundorte garantieren, dass die dort gesammelten Schnegel-Arten schon unseren Vorvorderen in dieser Beschaffenheit vorgelegen sind. Diese Schnegel halte ich zu Hause in gekühlten Boxen und bei entsprechendem Wetter versuche ich die Tiere in meinem Garten auf einem Baum zur Paarung zu bewegen.

In Deutschland findet man zwei Schnegel-Arten, den Tigerschnegel und den Schwarzen Schnegel. Den ersten können Sie durchaus auch in Ihrem Umfeld finden, im Keller oder im Garten – es ist Ihnen möglich das Schauspiel der Paarung zu beobachten. Der Schwarze Schnegel hingegen ist ein Waldbewohner. 

Siehe dazu unsere Posterseite


Die Feinde der Schnegel sind recht zahlreich: primär ist es der Homo sapiens, also der Mensch mit all seiner Tätigkeiten auf unserem Planeten. Daneben sind es aber auch verschiedene Tiere: der Tigerschnegel lebt mitunter kannibalisch und andere Schnecken (etwa die Spanische Wegschnecke) werden von ihm gerne verspeist. Amseln fressen junge Schnecken, ebenso anderes Federvieh wie Enten oder Gänse. Auch Eidechsen oder Käfer schrecken nicht von den Limaces zurück, es gibt Laufkäfer der Gattung Cychrus (Schaufelläufer), die einen besonders langen Kopf haben, um in Schneckenhäuser "einzubrechen" und dort die Schnecke fressen. Die folgende Abbildung zeigt einen solchen Käfer (Cychrus italicus) mit einer fetten Beute:

Abb. 1: Ein Schaufelläufer hat sich in einen Tigerschnegel verbissen (© Foto: Fabrizio Galotta).

Abb. 2: Eine Blindschleiche versucht einen Schnegel zu verschlingen (Foto: © Alberto Gozzi).

Auch Gehäuseschnecken haben eine Unzahl an Feinden: der grösste ist wohl Homo sapiens, Wildschweine, Vögel, Insekten und Parasiten wie etwa Würmer. Unter den Insekten sind es vor allem die Käfer, etwa die Familie der Drilidae, deren Raupen sich in Gehäuse zwängen, die Schnecke durch einen Biss betäuben und die Schnecke dort auffressen.

Abb. 3: Der Schneckenhauskäfer, Drilus flavescens, in einer Schnecke – Foto: Bruno Guerazzi.

Schnegel haben übrigens auch in der Philatelie einen Platz gefunden: Die Bundesrepublik Somalia gab 2003 drei Marken für den Verkauf frei. Alle darauf abgebildeten Tiere haben einen Bezug zu Italien und sind recht gut einer Art zuordenbar. 

 

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