Limax alpinus

© Clemens M. Brandstetter

Der Alpenschnegel wurde von A. Férussac 1821 beschrieben; es war dies eine der ersten Limax-Beschreibungen nach den Wirren der napoleonischen Zeit und der Neuordnung Europas nach dem Wiener Kongress 1815. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, dass sich Personen nicht nur mit den Notwendigkeiten des täglichen Lebens (das in der "Guten alten Zeit" vielleicht doch nicht so gut war), sondern mit Wissenschaft und Umwelt auseinander setzten.

Zur Historie des Zustandekommens dieser Beschreibung will ich hier Details berichten: Samuel Studer (1757 – 1834) war Schweizer Bürger und im Kanton Bern angesiedelt. In der Biographie über Professor Samuel Studer von Häberli (1959) schreibt der Autor im Abschnitt "Studer als Alpenforscher", dass dieser "zu den eifrigsten Besuchern des Oberlandes und des Wallis" gehörte, und unter anderem, dass Studer mehrmals im Laufe der Zeit das Gebiet der Gemmi (Gebiet zwischen Kandersteg, Kanton Bern, und Leukerbad, Kanton Wallis) durchwandert habe.

Zu den damaligen Reisemöglichkeiten in das engere Berner Oberland, dem einzigen Hochalpengebiet der Schweiz, das am Anfang des 19. Jahrhunderts einen lebhaften Touristenverkehr aufzuweisen hatte, schreibt F. N. König, der Miniaturmaler, Freund und enger Mitarbeiter Studers (König 1814: VIII): "Diese ganze oben beschriebene Reise macht sich von Bern, und wieder dahin zurück, insofern man sich in Interlaken oder Unterseen nicht aufhalten will, in fünf Tagen; nämlich den ersten bis Unterseen oder Lauterbrunnen, den zweyten bis Grindelwald, den dritten bis Meyringen, den vierten bis Unterseen oder Thun, den letzten bis nach Bern. Nirgends trifft man auf gefährliche Stellen, und hat überhaupt keine Gefahr zu befürchten."

Studer beschreibt den Fundort mit "dans nos Alpes" und er kann damit nur die ihm aus eigener Anschauung bekannten Berge, vor allem des Berner Oberlandes, gemeint haben. Dieses Gebiet war zur damaligen Zeit touristisch wohl sehr gut erschlossen! (König 1814).

Charpentier (1837: 3) schreibt in seinem "Catalogue des mollusques … de la Suisse" unter Limax alpinus Fér. (Abb. 5): "Observé par M. Studer dans les forêts des Alpes." Charpentier und Studer kannten sich persönlich, die Entdeckung des Limax alpinus ausserhalb der Schweiz wäre Charpentier bekannt geworden. Die Wortwahl "Observé par …" weist (ebenso wie die detaillierte Biotop-Angabe bei Férussac) auf Studer als Sammler.

Bereits Moquin-Tandon (1855: 27-28, Taf. 3 Fig. 14) hatte Limax alpinus als gute Art akzeptiert, nachdem er ein gut übereinstimmendes Tier in der Grande Chartreuse beobachtet hatte. Der Name war auch in der jüngeren Literatur für die als neu beschriebene Art mehrfach in Gebrauch, auch wenn um die taxonomische Umgrenzung noch gerungen wurde (Falkner & al. 2002: 46, 133; Hausser 2005: 131; Turner & al. 1998: 292-293). Bank (Fauna Europaea 2010) führt den Namen mit der Bemerkung "Taxonomic status – valid" an.


Im Jahre 2009 beschreiben Nitz & al. einen neuen Schnegel aus den Schweizer Bergen – diese Neubeschreibung wurde von mir (Brandstetter 2011) als Synonym zurückgewiesen. Im PDF finden sich alle Dokumente und Literaturangaben.

Brandstetter, C. M. 2011: Limax sarnensis Heim & Nitz 2009 – ein Synonym zu Limax alpinus A. Ferussac 1821! – Nachr.Bl. d. Ersten Vorarlberger Malak. Ges., Rankweil. 18: 27-32.

Nitz, B., Heim, R., Schneppat, U. E., Hyman, I. & Haszprunar, G. 2009: Towards a new standard in slug species descriptions: the case of Limax sarnensis Heim & Nitz n. sp. (Pulmonata: Limacidae) from the Western Central Alps. – Journal of Molluscan Studies 75 (3): 279-294.


Limax alpinus kommt in Ostfrankreich (Grenoble), Norditalien (Sesiatal, Macugnaga, Comersee-Gebiet, Toce-Tal, Val Masino), der Südschweiz (Wallis, Tessin, Graubünden: Puschlavtal) und der Zentralschweiz (südl. Kanton Luzern, Obwalden, Uri, Bern) vor. Daten aus dem Unterengadin und dem Reschenpass-Gebiet (Österreich) liegen bislang nicht vor, aber ich bin sicher, dass sich eine Nachsuche lohnen würde!


In der Folge werden Exemplare aus verschiedenen Teilen des Verbreitungsgebietes vorgestellt:

Abb. 1: Limax alpinus aus dem Puschlav-Tal (Graubünden). 


Abb. 2: Limax alpinus aus dem Gebiet des Lago di Como – eine rote Form.


Abb. 3: Alpenschnegel-Dokumentation der beiden Kopulanten (Abb. 4) aus dem Sesia-Tal. 


Abb. 4: Die Paarung des Alpenschnegels (Partner gemäss Abb. 3) – sie erfolgt an einem relativ langen (40 – 50 cm) Schleimfaden. Die beiden Penes sind länger als beim Tigerschnegel; ausserdem ist die Sohle des Alpenschnegels nicht rein weiss, sondern verschwommen dreistreifig. Über die Paarung dieser Art gibt es einen Film im SRF.


 

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