Mein Grossvater züchtete „Biber“ – in Wirklichkeit waren die Tiere Nutria zugehörig – Myocastor coypus Molina 1782. Den Europäischen Biber hat Linnaeus 1758 Castor fiber genannt. Beiden ist gemeinsam, dass sie semiaquatisch leben und dass ihr Fell geschätzt wird. Deshalb hielt mein Grossvater die Tiere und zog ihnen regelmässig im Erwachsenenalter das Fell über die Ohren.
Nun wollen wir aber das Leben des Europäischen bzw Eurasischen Bibers genauer betrachten: sein Fleisch war stets geschätzt, die Kirche gestattete den Verzehr des Bibers auch an Fastentagen, weil dessen breiter Schwanz an Fische erinnerte. Sein Fell ist dicht und hält ihn wie auch den Menschen warm – und Bibergeil, der Markierungsduftstoff des Bibers spielte in der Medizin eine wichtige Rolle. Mit einem Satz: der Biber war von Kopf bis Fuss verwertbar! Kein Wunder, dass der Biber fast ausgerottet wurde.
Allerdings wurde der Biber in jüngster Vergangenheit unter Schutz gestellt und wo ausgestorben wieder angesiedelt. Flüsse und Bäche sind nun sein alter und neuer Lebensraum. Zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Konventionen schützen den Biber vor menschlichen Zugriffen jeglicher Art. Doch der Biber ist nicht überall willkommen, denn durch seine Lebensweise verändert er die Landschaft: er fällt Weichholz-Bäume und baut mit den Stämmen seinen Lebensbereich aus: er staut Fliessgewässer und unterminiert vom Menschen erbaute Dämme nach seinem Gutdünken. So kommt es zu zahlreichen Konflikten im Verbreitungsgebiet des Bibers: Ufer, Dämme und Fahrwege werden verändert und unsicher, bei Hochwasser verklausen Bäche durch Äste und Stämme aus seinen durch Hochwasser zerstörten Baue. Mit einem Wort: der Biber ist bei Extremwetterlagen ein Problem für den Menschen geworden – so mancher Dammbruch geht aus des Bibers Konto.
Doch der Biber ist streng geschützt und weder ihn noch seinen Lebensraum darf man stören bzw. verändern. Allerdings: Dieser Schutz kann jedoch etwa dem Hochwasserschutz untergeordnet werden, indem durch landesrechtliche Verordnung etwa Vergrämung oder Entnahmen, also Tötungen zugelassen werden. Es wird daher unumgänglich sein, dass der Mensch bei seinen Schutzbauten tätig wird, diese überprüft und bei Notwendigkeit seine Bedürfnisse denen des Bibers überordnet. Koexistenz im Sinne Kishons wäre angesagt, meint
der Brandstetter
Bemerkenswert „Kein Erkenntnisdefizit, sondern Umsetzungsdefizit“ auf Fokus