J’accuse…

1898 schreibt Emil Zola an den damaligen Präsidenten der Republik, um ihn über die Tatsachen – heute würde man neudeutsch facts sagen – zur Dreyfus-Affäre zu informieren. Der elsässische und jüdische Offizier wurde damals des Landesverrates angeklagt – die damaligen Medien und Politiker hetzten gegen Dreyfus, jene, die sich für ihn einsetzten wurden ihrerseits Opfer der Hetzer – auch Zola musste flüchten, um einer Verhaftung zu entgehen.

Politiker und Medien verschwanden und neue kommen nach – das gedruckte Wort hat kaum Bedeutung, sondern das Internet, das Netz, bietet heute die Möglichkeit zu desinformieren und zu hetzen. Wahrheit, Fakten, haben wenig Bedeutung, selbst Meldungen über Vorfälle, bei denen man selbst anwesend war, animieren zu fragen „Wovon schreibt da der Autor – das war doch ganz anders….“

Einhundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs stehen wir wieder vor imperialistischen Unternehmungen Deutschlands und der EU. Dieses neue Konstrukt einer Wirtschaftsgemeinschaft verfolgt selbst auch politische Interessen, wird als solche missbraucht und wir stehen an der Schwelle zu einem neuen grossen Krieg. Wiktor Janukowitsch wird 2013 von der EU ein Assoziierungsangebot für die Ukraine unterbreitet, der Präsident lehnt ab und macht sich Brüssel (EU), Berlin (Deutschland) und Washington (NATO) zum Feind. Der Ablehnung folgt eine Eskalationsspirale, denn westliche Konzerne wollen Investitions- und Absatzmärkte und vor allem Zugang zu den Rohstoffen der Ukraine. Die europäischen Interessen sind deckungsgleich mit den US-amerikanischen; sie sehen vor, dass Zölle innert 10 Jahren abgebaut werden, die Ukraine muss alle Produktions- und Zertifizierungsstandards übernehmen, alle Handelshemmnisse und Kapitalverkehrskontrollen beseitigt werden.

Damit haben die Eliten und deren Konzerne Zugang zu den ukrainischen Rohstoffen und können die in der Ukraine gemachte Gewinne aus dem Land in die „Heimat“ transferiert werden. Die ukrainische Wirtschaft würde dadurch nicht nur schutzlos ausgeliefert und Freiwild sein, sondern wäre von der EU in allen Belangen abhängig. Da die EU nicht nur eine Wirtschaftsunion darstellt, sondern immer mehr auch militärische Interessen in ihre Bereiche einfliessen lässt und verpflichtet sind, sich an Wirtschafts- und Militärinterventionen der Europäischen Union mit zu beteiligen. Dieser Vertragsabschluss richtet sich offen gegen Russland, denn die Ukraine kann sich nur für Russland oder NATO/EU entscheiden [im späteren Verlauf wird von Russland noch die Neutralität der Ukraine als Möglichkeit ins Spiel gebracht]. Der Westen will Russland massiv schwächen. Bereits 1997 formulierte Zbigniew Brzezinski: “Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Raum auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt, weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung Russlands beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. (…) Wenn Moskau allerdings die Herrschaft über die Ukraine mit ihren bedeutenden Bodenschätzen und dem Zugang zum Schwarzen Meer wiedergewinnen sollte, erlangte Russland automatisch die Mittel, ein mächtiges Europa und Asien umspannendes Reich zu
werden.”

Im Kampf um die Ukraine hatten die USA in zwei Jahrzehnten mehr als fünf Milliarden Dollar vor allem in die Opposition rund um Julia Timoschenkos Vaterlandspartei investiert. Deutschland setzte auf die Oppositionspartei „Udar“ rund um Vitali Klitschko. Man wollte einen amerika- und deutschfreundlichen Präsidenten der Ukraine küren. Dazu passt das Zitat der US-Staatssekretärin Victoria Nuland „Fuck the EU!“ – denn Deutschland verfolgt eine russlandfreundliche Politik, um als Deutsch-EUrasien den Wirtschaftsblöcken Amerika und China stark entgegen treten zu können. Deutschland und die USA verfolgen gemeinsam die Schwächung Russlands, um in Osteuropa ihren Einfluss durchzusetzen und auszudehnen.

Nach dem Sturz des Präsidenten Janukowitsch änderte sich wenig: andere Gesichter, dieselben Oligarchen; keinerlei Änderungen Richtung sozial oder demokratisch! Petro Poroschenko – auf Platz 6 unter den Ukraine-Milliardären – wird 2014 Präsident – die Weichen sind gestellt, um den Forderungen des IWF und der EU Folge zu leisten. 2019 verliert er die Wahl trotz seines patriotischen Wahlslogans „Armee, Sprache, Glaube!“.

Wir kennen die weitere Entwicklung: Deutschland und die EU haben sich auf die Seite USA/NATO geschlagen. Deutschland unterstützt die Ukraine politisch, finanziell und militärisch…

Irgendwann – vielleicht nach dem nächsten grossen Krieg – werden die Drahtzieher für diesen Konflikt vor Gericht gestellt und verurteilt werden, denn sie stehlen der Bevölkerung in Europa alles, oft sogar ihr Leben, meint

der Brandstetter

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