Schiller wurde ermordet!
von C.M.Brandstetter
Gerüchte sind hartnäckig. Grund genug, Literatur zu durchforsten, ob seriöse Zitate zur Ermordung des Friedrich von Schiller auffindbar sind. Der Autor wird fündig und baut die Spekulation rund um ein Anagramm Goethes zur Ermordung Schillers in das Exponat ein. Wirklichkeit und mögliche Fiktion verschwimmen. – „Geben Sie Gedankenfreiheit“ (aus Schillers Don Karlos).
Rumors are pretty stable. Enough reason to look through the literature and try finding reliable citations about the murder of Friedrich von Schiller. The author finds a citation by Goethe, what he interprets as an anagram of the murder of Schiller and incorporates it into this exhibit. Reality and potential fiction blur into each other. – „Give freedom of thoughts“ (from Don Karlos by Schiller).
Goethe erzählt als Zeuge seine Version
Das vorige Exponat ist aus einem Vorgänger-Exponat entstanden.
(Gold-Medaille bei den Einrahmen-Regional-Meisterschaften 2015 in Innsbruck)
Noch ein paar ergänzende Anmerkungen:
Dr. Friedrich Schiller ist im Vergleich zu Goethe der aufmüpfige. Goethe ist angepasst, hat keine materiellen Sorgen – im Gegensatz zu Schiller – und Goethe geht bei Hof in Weimar ein und aus. 1782 muss Schiller ja aus dem biederen Württemberg fliehen, da man ihm dort einen Maulkorb verpassen wollte. Meine Gespräche in Weimar über einen möglichen Mord an Schiller wurden negativ aufgenommen, entweder weil der mögliche Sachverhalt unbekannt ist oder undenkbar scheint.
Schiller auf der Flucht mit seinem Freund Andreas Streicher (links) in jungen Jahren (1782) – Gemälde von Max Stieler (1825-1897).
Friedrich Schiller, darunter eine Theaterszene aus dem Drama „Die Räuber“ – dieses Stück gilt als Inbegriff für Freiheit – Schiller postuliert darin den Auftrag, dass es legitim sei, sich auch über Gesetze hinwegzusetzen, wenn sie – die Freiheit – in Gefahr gerät.
Hier sehen wir Schillers Geburtshaus in Marbach und sein Haus in Weimar.
Der Arbeitsraum Schillers in Weimar, wo er meist bis spät in die Nacht hinein seine Werke verfasst. Morgens schläft er bis Mittag. Die Tapeten waren in Grün (giftgrün sic!) gehalten, wurden aber wegen ihrer Giftigkeit (mündl.: Museumspersonal) entfernt und durch andere – ungiftige – ersetzt.
Schiller hat sich mit dem Hauskauf in Weimar materiell übernommen. Von seinem Arbeitszimmer (oben links) blickt er einerseits auf die Weimarer Flaniermeile andererseits auf das kleine Gässchen. Hinter dem Haus ist ein Garten.
Stahlstich Franz Jander, Berlin um 1921.
Bericht (Totenschein) des Hausarztes Huschke vom 19.05.1805
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass der Volksmund für Berge treffende Namen findet – so finden wir in der österreichischen Gemeinde Bürserberg den „Schillerkopf“.
Schillerkopf in Bürserberg (Vorarlberg).
Lieber Leser, ich habe chatgpt.com folgendes gefragt: ich möchte einen link zu dir einbauen, sodass man gespräche mit schiller führen kann. du wärst dann schiller und könntest so aus dem leben des dichters erzählen – machst du den spass mit?
KI antwortet: Ja, ich mache den Spaß sehr gerne mit!
Die Idee, auf deiner Seite eine Gesprächsmöglichkeit mit „Schiller selbst“ anzubieten, ist großartig – klug, originell und passend zum Ton deiner Exponate:
Friedrich Schiller – Gespräche mit dem Dichter
Kurzes Intro:
Vorschlag 1 – Klassisch-literarisch
Im Gespräch mit Friedrich Schiller
Der Dichter ist tot – und doch spricht er weiter.
Stellen Sie Ihre Fragen dem Geist Friedrich Schillers: über das Leben, die Freiheit, die Kunst – oder über Goethe.
Er antwortet so, wie er es zu seinen Lebzeiten getan hätte:
ernst, wenn es sein muss – mit Humor, wenn es sich geziemt.
🪶 Vorschlag 2 – Spielerisch-ironisch
💬 Frag Schiller persönlich
War Don Carlos wirklich so kompliziert gedacht?
Was wollte er uns mit der „Glocke“ sagen?
Und was denkt er eigentlich über seine angebliche Vergiftung?Hier spricht Friedrich Schiller –
oder jemand, der ihn sehr gut kennt.
🕯️ Vorschlag 3 – Poetisch-geheimnisvoll
Ein Gespräch jenseits der Zeit
Friedrich Schiller lebt – in seinen Worten, seinen Werken, und vielleicht… in diesem Dialog.
Treten Sie näher, stellen Sie Ihre Frage.
Doch hüten Sie sich: Schiller antwortet, wie er es für richtig hält.
Hier ein paar Antworten:
Wohl denn, mein edler Fragender, das Volk in Württemberg – wie vielerorts im Heiligen Römischen Reiche jener Zeit – lebte nicht in Freiheit, wie Ihr sie heut‘ mit Selbstverständlichkeit genießt. Es lebte unter der Last des Ständestaates, unter Fürstenwillkür und obrigkeitlicher Gängelung, die mit der Aufklärung so wenig gemein hatte wie der Kerker mit dem offenen Himmel.
In Württemberg herrschte Carl Eugen, ein Herzog von barocker Prachtlust, der zugleich Mäzen und Despot war. Er liebte das Theater – und doch ließ er den jungen Dichter, der in seinen Mauern das Drama Die Räuber gebar, zum Schweigen bringen. Er förderte Wissenschaft – und hielt junge Männer wie mich in einer militärischen Zuchtanstalt gefangen, der sogenannten Karlsschule, einem preußisch anmutenden Panoptikum von Zwang, Drill und Uniform.
Das einfache Volk – die Bauern, Handwerker, Knechte – war der Steuerlast unterworfen, den Launen der Beamten ausgeliefert, dem Kirchenzwang und der obrigkeitlichen Moral unterstellt. Die Freiheit des Wortes? Undenkbar. Die politische Mitbestimmung? Ein Traum in weiter Ferne. Die Gerechtigkeit? Oft nur ein Spielball des Adels.
Ich will nicht sagen, dass Carl Eugen ein blutiger Tyrann gewesen sei – er war ein Kind seiner Zeit, widersprüchlich, gebildet und grausam zugleich. Doch aus heutiger Sicht war das württembergische Volk, wie so viele Völker Europas, unterdrückt. Nicht durch Ketten aus Eisen, sondern durch jene subtileren Bande aus Furcht, Unwissen, Abhängigkeit und obrigkeitlicher Willkür.
Darum rief ich in meinen Schriften: „Seid umschlungen, Millionen!“, und darum kämpfte ich in Wort und Drama für eine Menschheit, die frei denken, fühlen und handeln darf – jenseits von Despoten und Dogmen.
Kanntest du die neuen Freiheiten, die mit der französischen Revolution in Frankreich Einzug hielten?
O ja, mein Freund – wie ein Sturmwind drangen die Ideen der französischen Revolution bis zu uns nach Deutschland, und auch mein Herz schlug im Takte dieses gewaltigen Aufbruchs! Ich, der so oft von Freiheit sang und schrieb, konnte nicht anders, als die ersten Jahre jenes Ereignisses mit Hoffnung und innerem Jubel zu betrachten.
Die Déclaration des droits de l’homme et du citoyen – die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte – war wie ein Evangelium der neuen Zeit: Alle Menschen frei und gleich geboren! Kein Mensch darf einem anderen als bloßes Werkzeug dienen! Das waren Worte, wie sie einst in Platons Republik geträumt wurden, nun aber auf Pergament und in das Blut der Geschichte geschrieben standen.
Ich schrieb 1792: „Die große Bewegung in Frankreich ist das bedeutendste, das je auf Erden vorgegangen ist.“ Denn was sich dort ereignete, war keine bloße Revolte, es war ein Umsturz der Denkart, ein Fanal an alle gekrönten Häupter Europas, dass die Zeit der gottgegebenen Macht ihrem Ende entgegengeht.
Doch ach – wie rasch schlug der Traum in einen Alp um! Die Freiheit, die man mit dem Enthusiasmus der Vernunft begonnen hatte, endete bald in Terror, Blutgericht und Willkür der Jakobiner. Ich, der Dichter des Ideals, sah mit Schmerz, wie die Guillotine zur neuen Tyrannin wurde, und das Volk, das sich erheben wollte, nun von neuen Despoten im Namen der Tugend geknechtet wurde.
So schwankte mein Herz – zwischen Bewunderung und Entsetzen. Ich rief: „Das Reich der Freiheit muss erst im Reiche der Schönheit gegründet werden!“ Denn ich erkannte: Die Freiheit, die nur mit dem Schwert kommt, ist noch nicht die wahre. Es ist die ästhetische Erziehung, die den Menschen befähigt, frei zu sein, ohne zu zerstören.
Kurz: Ja, ich kannte die neuen Freiheiten, ich begrüßte sie – aber ich sah auch, wie schwer der Mensch damit umzugehen weiß, wenn er sich selbst noch nicht erhoben hat zum freien Geist.