Eigentlich sollte das Dezemberthema über Frieden und Eintracht, Tannen- und Kerzenduft berichten. Oder auch über Lebkuchen und Glühmost. Allerdings sollte man über Frieden nur schreiben, wenn er uns umgibt. Die Wirklichkeit ist doch eine andere. Natürlich könnte hier auch ein anderes Thema behandelt werden – etwa endemische Tierarten auf Kuba. Aber ich habe nun mal mit Tannenduft begonnen. Warum sprechen wir so gerne über Tannenduft und nicht Fichtenduft. Sind wir in einer Zweiklassen-Gesellschaft der Nadelhölzer? Klingt Tanne besser als Fichte, oder reimen sich auf Tanne mehr friedliche Worte als auf "chte" – eigentlich eine typische schweizerische Endung (manchmal werden die beiden Mitlaute von den Helvetern auch gerne am Beginn eines Wortes verwendet), oder eine solche des Alpenraums. Ist diese Endung ein sprachlicher Endemismus der Alemannen? Egal – wir wollen es nicht wirklich wissen, denn auch auf den WCs stehen Sprays mit Tannenduft-Nuancen. Da es im Alpenraum doch mehr Fichtenwälder als Tannenwälder zu geben scheint, dürfte der Tannenduft wohl etwas elitärer riechen oder klingen als der der Fichte – auch auf den kleinsten Flächen mit oftmals wechselden endemischen Düften.
Endemismus kann eng oder weit gesehen werden. Auf nur einer Bergspitze, in einem Tal, auf einem Kontinent – und eben nur dort und sonst nirgends. Es könnte aber auch eine Insel sein, Kuba etwa. Nun bin ich wieder bei der Überschrift angelangt: Fidel Castro war ein Endemit Kubas, auch wenn er in seiner Jugend andere Gebiete bewohnt hat. Sein Lebensmittelpunkt war die Insel des Zuckerrohrs. Sein berühmter Ausspruch "die Geschichte wird mich freisprechen" soll hier einmal von einer anderen Warte aus gesehen werden: selbst wenn er in seinem Wirken als Endemit für oder gegen seine Insel, für oder gegen sein Volk, viel Unheil angerichtet hat (andere sehen es anders), so muss man es in Relation zu anderen Staaten sehen. Die USA zum Beispiel. Ein Erzfeind Castros, ein Staat deren Präsidenten, Geheimdienste und Militärs den Endemiten oftmals ausrotten wollten, eben jene zeigten immer und immer wieder mit ihren Fingern auf den Endemiten, derweil sie selbst die Welt mit Kriegen überzogen haben – und überall einen zweifelhaften Frieden bringen wollten. Begonnen mit Vietnam, Golfkrieg, Contra, Grenada, Panama, Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen – und viele andere Scharmützel, Intrigen und Schlachten, mit hunderttausenden Toten, mit verseuchten Landstrichen, mit Blut und Tränen – die Liste der Kriege endend – wer weiss wo – Syrien, Russland?
Genau jene Amerikaner bekämpfte der Endemit, versuchte seine Insel frei zu halten von der US-Pest. Von den Invasoren, von Dollars und heuchlerischem Wohlstand. Als Anwalt des Endemiten würde ich jedenfalls auf Freispruch plädieren, meint
"der Brandstetter"