Kommissar Zufall

Immer, wenn ein Verbrechen unaufgeklärt zu den Akten gelegt werden soll, taucht der Chefermittler auf und löst den Fall. Er heisst Kommissar Zufall. Und dies ist eine seiner vielen Geschichten:

Eines Abends sass ich vor dem Computer am Arbeiten, etwa so wie jetzt, wo ich den kleinen Bericht in die Tasten haue. Offensichtlich durch das lange Sitzen hatte ich mir ein Haar des Hodensackes irgendwo eingeklemmt – sprich es war unangenehm zwischen den Beinen. Da „unten“ haben ganz rasierte Männer dieses Problem wahrscheinlich nicht. Jedenfalls brachte ein Um- oder Zurechtsetzen nicht den gewünschten Erfolg. Erst eine Nachschau brachte zu Tage, dass die Ursache ein kleiner Käfer der Gattung Aphodius war, der versuchte zu fliehen oder sich in der Haut zu verbergen. Aphodien besuchen liebend gerne Fäkalien, wobei diese in einem ganz bestimmten Zustand sein müssen, dass die Käfer davon angezogen werden. Wenn etwa eine Kuh ihre Notdurft auf der Wiese verrichtet, dann trocknet der Fladen vor sich hin. An einem bestimmten Punkt bildet sich – wie etwa auf zu kochenden Lebensmitteln – eine Art Haut. Vorher, jetzt und auch nachher stürzen sich verschiedene Käferarten in den Fladen. Da gibt es die Kamikaze, die den dünnflüssigen Dung ansteuern und in diesen eintauchen. Vorsichtige landen in der Nähe und krabbeln nach und nach ins Zentrum ihres Wunschziels. Wieder andere warten ein paar Tage, bis der Dung schon angetrocknet ist, denn sie lieben es nicht nass und dünn. Von selbst versteht es sich, dass es Allroundler gibt, die den Dung aller Weidetiere besuchen, also den der Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen. Andere haben sich spezialisiert und man findet sie nur in einem bestimmten Dung und auch nur zu eben bestimmten Zeiten – wie vor beschrieben. Es gibt etwa 100 Aphodius-Arten, sie sind häufig, und ebenso – zumindest manche schwer bestimmbar. Der Zweck der Mist- und Dungkäfer besteht darin, den Dung aufzubereiten. Wer einen trockenen Fladen genauer beäugt, findet Löcher in diesem, vergleichbar mit dem Schweizer Emmentaler. Unterhalb des Fladens findet man in der Erde Löcher, in denen haben die Käfer Dung samt Ihrem Eigelege deponiert. Die schlüpfenden Larven helfen also mit, den Dung zu verarbeiten.

 <= Orginalgrösse eines Aphodius (Foto: Vincenzo Di Taddeo)

Nun aber zurück vom Käfer-Exkurs. Um ehrlich zu sein, erkannte ich, beziehungsweise der Kommissar nun die Zusammenhänge (der Überbringer der Gedanken wurde zunächst ausgewiesen): sodann wurde rekapituliert – und zwar in folgender Weise: die Unterhose musste wohl einen bestimmten Geruch verströmt haben, sodass sich der Aphodius in sie verkrochen oder sich an sie geklammert hatte. Allerdings war die Hose frisch gewaschen – oder doch nicht? Vor zwei Tagen war der beste Installateur – von allen – zugegen, um in der Solaranlage Wasser nachzufüllen, weil diese geleckt hatte. Und dieser hat dafür den Wasserschlauch bei der Waschmaschine abgeschraubt – und natürlich – in Handwerkermanier nicht wieder an die Waschmaschine angeschraubt. Die letzte Wäsche wurde daher nur mit Flüssigseife gewaschen, sie duftete gut – einzig was auffiel war, dass sie etwas trockener war als üblich. Diesen Umstand schob ich auf das Vergessenhaben der Wäsche in der Maschine, was wiederum unüblich ist, denn der Transportbehälter der Wäsche bleibt in der Wohnung so stehen, dass man stets darüber fallen könnte und so daran erinnert wird, dass da noch Wäsche aus dem Keller ins „Finale“ kommen muss. Nur diesmal wurde dieser Behälter von der besten Ehefrau von allen umgesetzt, denn wer will denn schon permanent über einen Behälter stolpern. So kam es zu einer Verkettung unglücklicher Umstände – nun können wir uns auch vorstellen, warum Atomkraftwerke eben nicht nur alle eine Million Jahre Probleme machen. Natürlich wäre an Ort und Stelle zu überprüfen gewesen, ob ein Wasserschlauch an der Waschmaschine angeschlossen ist. Aber seien wir ehrlich: wer kontrolliert vor dem Autofahren den Reifendruck, die Bremsen oder die Hupe…

Aphodius sei Dank, Danke dem Kommissar und Danke, lieber Installateur, ohne Dich hätte es diese Geschichte, die immer, wenn ich sie erzähle zum Lachen führt, ohne Dich, ja da hätte es diese Geschichte nicht gegeben… meint

„Der Brandstetter“        

 


  In diesem Zusammenhang sei auf eine bemerkenswerte Publikation hingewiesen: Vergiftete Hinterlassenschaften [man findet auch bessere Bilder eines Aphodius]

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