Der Autor dieser Zeilen ist ein Feind des schönen Rasens, denn der verlangt nach intensiver Pflege. Manche Zeitgenossen treiben diese bis zum Exzess, will heissen: düngen, jäten, schneiden, giessen. Da immer mehr Leute zu faul sind, dies selbst zu tun, helfen kleine Roboter beim Schneiden. Für die Bienen bleibt nichts mehr übrig. Man frägt sich natürlich, was die Leute gegen Gänseblümchen oder Löwenzahn haben, vor allem aber gegen die Bienen. Neben ansprechenden Blüten wären beide eine Nahrungsergänzung, den Löwenzahn könnte man durchaus auch als Heilpflanze bezeichnen. Dass dann eben diese Leute jammern, dass es immer weniger Bienen gäbe, macht mich rasend. Aber dann denke ich wieder an den Herrn Einstein, der ja meinte, dass sowohl das Universum als auch die menschliche Dummheit grenzenlos seien, wobei – und darauf wies er besonders hin – beim Universum, da sei er sicht nicht so ganz sicher. Humor, ist halt, wenn man trotzdem lacht… auch über sich selber….
Diese gepflegten Rasen verkommen zu einer „Grünen Wüste“, die höchstens noch von Maikäfern heimgesucht werden, da die Damen dieser Art es im gepflegten Rasen leicht haben, mit dem Legestachel bis auf den Humus zu kommen. Jahre später ist der schöne Rasen skalpiert und dörrt vor sich hin. Dann freue ich mich, denn die Natur hat die grünen Zeitgenossen wieder einmal in die Schranken verwiesen. Das macht diese rasend.
Natürlich muss der Rasen auch gedüngt werden, damit der saftig grün zu wachsen beginnt und der kleine Roboter nicht unnötig seine Runden zieht. Wer sich etwas Bewegung verschaffen will, schafft sich einen Hund an – oder einen Rasenmäher. Der Vorteil des Hundes liegt darin, dass er weniger Lärm macht, ein kleiner Nachteil hat der Vierbeiner allerdings: er kackt gerne in den ach so schönen Rasen.
Abb. 0: wie ein böser Drache hockt der kleine Roboter in seiner Höhle – beim Nachbarn.
Trockene Sommer bereiten dem Rasen ebenfalls Probleme und damit man ihn regelmässig mähen kann, auf dass man in Bewegung bleibt und der Hund seine Freude hat, muss man ihn sprengen. Eigentlich wäre Dynamit angesagt; die meisten üben zuvor aber mit einem Wasserschlauch. In einem extrem trockenen Sommer ist dies ebenso verboten, denn da muss Wasser gespart werden, damit das Auto regelmässig gewaschen werden kann. Apropos Dynamit: viele verwaiste Truppenübungsplätze sind wertvolle Biotope geworden: Panzer und andere schwere Geräte verursachen tiefe Furchen, in denen sich Amphibien ansiedeln können. Schotterflächen ermöglichen es den Pionieren und den Pionierpflanzen zu üben bzw sich anzusiedeln. Wer also seinen Rasen in ein wertvolles Biotop rückwandeln möchte, der stelle ihn dem Militär ein paar Tage zur Verfügung.
Ernst und Spass beiseite! Nun will ich mich hier einem Thema widmen und ein Beispiel zeigen, wie man einen Vorplatz umweltfreundlich anlegen kann. Man nehme: Rasengitter, fülle diese mit Erde und lasse eine Blumenwiese spriessen! Aber geht das wirklich?
Ja, allerdings muss man den richtigen Baustoff wählen. Im allgemeinen werden ja Betonsteine verwendet, um Plätze zu gestalten. Beton hat die Eigenschaft, dass er bei Regen begierig das Wasser aufsaugt und für die Pflanzen bleibt nichts übrig. Ausserdem brechen die Betonsteine bei grosser Belastung, zudem ist das Verlegen der kleinen Steine aufwändig und zeitraubend.
Aus diesem Grunde hat sich eine Firma ein tolles System einfallen lassen: aus Plastikabfällen, die wir täglich in grossen Mengen zur Verfügung stellen, werden Rasengitter gepresst. Das extrem belastbare System wurde den Bienen abgeschaut, denn es ist wabenförmig und bietet daher grösste Stabilität bei hohem Kammervolumen für die Pflanzen.
Abb. 1: Die Gitter werden ineinander verbunden und velegt.
Man benötigt nur einen guten Untergrund (Aufbau: verdichteter Schotter, Splitt-Sand) und dann kann es schon losgehen mit dem Verlegen des Wabensystems. Das Auffüllen der Hohlräume erfolgt mit einem Humus-Lava-Splitt-Gemisch, zum Einstreuen des Samens kann man auch solchen mit „Wiesenblumen“ verwenden. Das System lässt dies zu. Auf diese Art der Gestaltung erhält man eine befahrbare Grünfläche, die mit bis zu 280 Tonnen je Quadratmeter belastbar ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Regen nicht dem Kanalsystem zugeführt wird, sondern versickern kann.
Abb. 2: Die Waben sind mit Erde gefüllt – es kann eingesät werden.
Abb. 3: Zart spriesst die Blumenwiese….
Abb. 4: …. und kann beparkt werden.
Zwei kleine Nachteile zeigen sich allerdings – eigentlich sind es aber Vorteile: Blumenwiesen sind empfindlicher als „Rasenflächen“ und extrem heisse Motoren und Auspuffe versengen das zarte Grün (2018: alles ist robust geworden – ein Beparken macht der nun entstandenen Blumenwiese nichts mehr aus). Ausserdem kann das Schnee-Räumen nur mehr händisch erfolgen. Somit zwei Vorteile: weniger Auto-Fahren und mehr Bewegung im Winter, zudem, wer denkt im Juni an den Winter….
Eine wichtige Erfahrung im Sommer: die Oberfläche ist um Vieles kühler als die Terrasse, die mit rauen Terrazzo-Platten belegt ist.
….meint C.M.Brandstetter
2015: Nun habe ich Erfahrung von gut einem Jahr. Ich kann folgendes berichten: Das maschinelle Schneeräumen wurde unterlassen, um nichts zu beschädigen. Im Frühjahr stand der Bewuchs wesentlich besser da, als Vergleichsflächen mit Rasenziegel aus Beton. An Schmetterlingen konnten neu beobachtet werden: Kleinster Bläuling, Icarus-Bläuling, Aurorafalter, Mauerfuchs.
2016: Einige Pflanzen nehmen am Rand überhand – vor allem die Esparsette. Sie wird aber von hunderten Bienen besucht. Neuerdings kam die Rauke dazu; seit sie auch Rucola heisst, wird sie vom Homo sapiens um so lieber verspeist. Der Kleine Kohlweissling ist ein regelmässiger Besucher der gelben Blüten. Der Grosse Kohlweissling scheint ausgestorben zu sein. An Faltern kamen heuer: Himmelblauer Bläuling (L. bellargus), Kleiner Perlmutt-Falter (I. lathonia), Kleines Wiesenvögelcheen (C. pamphilus), Ochsenauge (M. jurtina), Zitronenfalter (G. rhamni). Aufgrund der vielen Niederschläge nahm die Spanische Wegschnecke überhand (Arion vulgaris) – sie werden auf die Asphaltstrasse bugsiert und erhöhen so die Opferzahlen auf Vorarlbergs Strassen.
2017: Die Fläche ist durchgehend grün – allerdings beginnen einige „Waben“ zu vermoosen – es scheinen sich dort Würmer zu verbergen, weil die Moosflächen von Amseln und Drosseln „bearbeitet“ werden. Nun haben alle „etwas“: Schmetterlinge, Ungeziefer, Vögel – und auch ich. Die Vielfalt hat zugenommen, heuer kam eine winzige Ehrenpreis-Art und eine Königskerze hinzu – ausserdem vermehrt sich das Salatgewürz: Rauke (besser bekannt als Rucola).
2018: Die Vermoosung nimmt auf den immer befahrenen Flächen zu, dafür ist das Pflanzenleben an den Rändern umso bunter. Im Frühjahr konnte ich seit Jahren einen „Grossen Fuchs“ (V. polychloros) an unserer Weide beobachten, er war nur kurz zu Besuch. Sehr häufig ist heuer der „Schornsteinfeger“ (Aphantopus hyperantus), zu Besuch kam auch ein Baumweisslung (Aporia crataegi wird als selten bezeichnet – ist aber Unsinn, weil es ein Wanderfalter ist, der bei für ihn gutem Flugwetter einfliegt). Die Königskerze ist offensichtlich fixer Bestandteil geworden. Nun nimmt die Rauke überhand – mein Junior hat 1 m³ Erde abkippen lassen, um die freiliegenden „Kunststoff-Zahnhälse“ sprich die Waben mit Erde aufzufüllen. Jetzt heisst es erstmal wieder warten…
Abb. 5: Zustand Juli 2018
2019: Im Winter gab es etwa 80cm Schnee – das Frühjahr kam mit ein paar Föhntagen überraschand warm auf uns zu. Die Wabenhälse sind unter der im Herbst aufgebrachten Erde, allerdings haben wir nun durch die Verpressung der Erde bei starken Regenfällen Lackenbildung. Nach dem Wegtrocknen bleiben Risse zwischen Erde und Plastik, der Wasserabfluss normalisiert sich wieder. Die Vegetation kommt nach und nach – die Königskerze treibt ebenfalls wieder aus. Nur die Rauke hat sich zurückgezogen – eine grosse Pflanze ist geblieben (hat das der viele Schnee angerichtet?). Der Schnee hat die Wildrosen platt gedrückt – das Seifenkraut scheint im Randbereich über Hand zu nehmen.
Kleine Sensation am 16.6.2019: vormittags fliegt ein Schwalbenschwanz durch das Biotop – und am Nachmittag schwebt doch tatsächlich ein Apollofalter Männchen (die sind weisser als die Weibchen) vom Garagendach herab in den Garten und fliegt nach ein paar Flügelschlägen über den Zaun davon. 18.7.2019: mittags eine Apollo-Dame (grau scheinende Flügel, da diese transparent sind) mehrmals über dem Sedum album fliegend – da die Sonne scheint, ist anzunehmen, dass sie Eier abgeworfen hat. Vielleicht gibt es hier bereits eine verborgene Kleinpopulation – wer weiss? Im Juli kam eine neue Pflanze hinzu: die Wegwarte – sie ist der Zeiger dafür, dass wir uns schon im späteren Zeitabschnitt des Sommers befinden. Sie blüht lange, immer wieder kommen neue Knospen nach und wie viele andere Blütenpflanzen schliesst sie bei Schlechtwetter oder nach Eintritt der Dämmerung ihre wunderbaren blauen Blüten.
2020: nach einem fast schneefreien Winter setzen sich die angenehmen Frühjahrstemperaturen erst spät durch. Es ist zu trocken – aber der Löwenzahn bringt endlich Farbe. Neu ist nun das Schöllkraut, auch Warzenkraut genannt. Eine zweite Königskerze kündigt sich an. Der Kronwicken-Dickkopf-Falter (Erynnis tages) ist neu. Anfang Juli fliegt ein Perlmuttfalter durch die Wiese (Argynnis sp.) und am 8.7.2020 wiederum ein Schwalbenschwanz. Am 22.7.2020 kann ich ein Weibchen des Faulbaum-Bläulings (Celastrina argiolus) beobachten. Angepflanzte Disteln beginnen zu blühen.
Am 25.8.2020 finde ich am Türrahmen bei der Garageneingangstür ein Weibchen der Wespenspinne samt Kokon. Ein wunderbares Tier. Eigentlich sollte sie im hohen Gras leben.
Jetzt Ende August konnte ich das Braunauge (Lasiommata maera) beobachten. Seine Raupen leben an Poa annua (Rispen-Grasart manche behaupten es sei ein Un-Gras), das im angrenzenden Grünbereich zahlreich vorkommt.
Im April 2021 konnte der Wiedehopf auf dem Vorplatz gefilmt werden – es ist dies wohl eine kleine Sensation. Gartenrotschwänze (Ph. phaenicurus) werden im Mai beobachtet.
Während der Tage der heurigen Eisheiligen scheint kurz die Sonne und ein brauner Falter ist zu sehen. Zum Fotografieren setzt sich der Falter, eine Erebia medusa, ein Rundaugen-Mohrenfalter [darf man den heute noch so nennen?] so sehr ungünstig ins Gras, dass ein gutes Foto unmöglich ist – also eine weitere Briefmarke.
Seine Raupe frisst ausschliesslich an Gräsern der Gattungen Trespen (Bromus) und Schwingel (Festuca), die reichlich vorhanden sind. Sie überwintern als Raupe am Boden unter Grasresten und verpuppen sich erst im Frühjahr. Es ist eine besondere Strategie dieser Art. Heuer sind bedeutend weniger Sichtungen von Faltern zu vermelden. Wahrscheinlich liegt es an den vielen Regentagen; allerdings gibt es auch zwei Neumeldungen: Ende Juli war ein C-Falter ein paar Stunden zu sehen; Anfang August sogar ein Windenschwärmer. Am 20.8. sonnt sich ein „Waldbrettspiel“ (Pararge aegeria) an der Hauswand; eigentlich ist er ein Waldbewohner, augenscheinlich fühlt er sich in meinem Mischstauden-Verhau wohl. Seine Raupe frisst verschiedene Grasarten, die hier reichlich vorhanden sind. Die Wespenspinne ist im hohen Gras zu finden. Mitte Oktober fliegt ein einsames Taubenschwänzchen die wenigen Blüten ab.
Der Frühling 2022 ist relativ kühl und nass. Die ersten Falter sind die Überwinterer Zitronenfalter Männchen und der Kleine Fuchs. Bald kommen der Kleine Kohlweissling und der Aurorafalter. Im April eine kleine Sensation: ein Landkärtchen (Araschnia levana) verirrt sich in den Garten – für mich ein Erstfund Vorarlberg. Die Raupen fressen die Brennnessel-Blätter, die zahlreich im Garten zu finden sind. Es wäre doch schön, die zweite Generation des Landkärtchens beobachten zu können – es scheint dank dem Stickstoff-Eintrag, der die Brennnesselpflanzen begünstigt, in enormer Ausbreitung und Vermehrung zu sein [Mail Huemer]. Am 2.7.2022 konnte ich ein Weibchen bei der Ei-Ablage fotografieren – die Eier werden wie auf Schnüren deponiert. Gespannt darf man sein, ob der Falter hier heimisch wird.
Landkärtchen Sommergeneration
Am 13.7.2022 erschien wieder ein Weibchen des Apollofalters. Es flog bei Sonnenschein über das Sedum album hinweg und warf seine Eier ab. Nächstes Jahr wissen wir mehr.
2023 beginnt recht warm und wir können einen Trauermantel beobachten. Er setzt sich in die Sonne und lässt sich wärmen. Der Mai ist kühl, so richtig Frühjahr will es nicht werden. Schmetterlinge sind kaum zu beobachten, allerdings machen wir diese Erfahrung auch in anderen Lebensräumen – was ist los mit der Natur? So bleiben die kleinen Beobachtungen:
Ameisenlöwen haben ein Mikrobiotop entdeckt: ganz nahe an der pflegen die Tiere ihren jeweiligen Trichter und halten ihn sauber, sodass ihnen die Ameisen fast ins Maul fallen, wenn sie den Trichter nicht mehr verlassen können.
Ein winziger Mikrofalter hält sich an der Hausmauer. Im Juni fällt noch immer Tau in der Nacht. Das könnte das Tier veranlasst haben, sich einen trockenen Platz zum nächtigen zu finden.
Psychiden heissen landläufig Sackträger; sie gehören zu den Nachtfaltern, obwohl man deren Flug meist am Tage beobachten kann. Die Raupen „basteln“ sich eine Röhre, die sie mit sich herumschleppen. Sie ernähren sich von Moos oder Flechten und suchen sich zur Verpuppung einen trockenen Platz. Die Metamorphose dauert ein paar Tage, bis aus der Raupe eine Puppe und anschliessend ein männlicher Falter geworden ist: die Männchen schieben die Puppe zum Ausgang am Ende des Sackes und nun kann der Falter schlüpfen und sich eine Partnerin suchen. Die Weibchen sind flügellos und bleiben teilweise im Sack und können dort von Männchen begattet werden. Bemerkenswert ist die Parthenogenese: falls die Weibchen als „Jungfrauen“ stürben, können sie zu einem Trick greifen: sie können Eier ablegen, allerdings gibt es daraus nur weiblichen Nachwuchs. Diese Jungfernzeugung ist eine Notlösung der Natur, um Lebewesen einen Fortbestand zu sichern.
Hier noch ein Männchen!
Grosse Überraschungen sind ausgeblieben; es gibt nur wenige Falter – viele sind Ubiquisten. Irgend etwas hat sich verändert.
Ein Kleiner Kohlweissling an einem Korbblütler
Eine „Eule“ Noctuidae an der Hauswand
2024: Kleiner Fuchs und Zitronenfalter waren hier. Der April ist bewölkt, kalt, ungemütlich.
Mit anderen Augen
Jeder der durch einen Garten geht, sieht dessen Inhalte mit anderen Augen. Das reicht von langweilig bis zu ganz besonderen Kommentaren. Daniela hat ihre Eindrücke in WILD ist SCHÖN fotografisch festgehalten.