Apollofalter
© Clemens M. Brandstetter
Karl MANDL schrieb in der 3. Folge des "Entomologischen Nachrichtenblattes" im März 1954, ich zitiere: "Ich kenne da ein Märchen. Es beginnt: "Es war einmal der Apollofalter auf einem Hügel in der Umgebung des Ortes Stramberg in Mähren." Und es endet: "Heute, das heißt eigentlich vor vielen Jahren schon, ist er ausgestorben!" Leider ist dieses Märchen aber wahr! Und warum? Haben die Stramberger Buben so viele Apollofalter gefangen, daß auch nicht einer mehr übrigblieb? Oder haben dort gar die Lepidopterologen der Art den Garaus gemacht? Beides würde wohl nie zum gänzlichen Erlöschen des Insekts geführt haben, wohl aber hat ein kleines Stück Papier dieses Kunststück fertiggebracht, nämlich die Anweisung des Grundbesitzers an seinen Förster, den Hügel aufzuforsten! Der Wald wuchs, die Bodenflora veränderte sich, der Waldesschatten gab keinem Sedum (Fetthenne) mehr die Möglichkeit zu gedeihen, und Sedum aber brauchen die Raupen des Apollofalters als Nahrung. Auf Fichtennadeln sich umzustellen, wie der Mensch in Wien auf Hülsenfrüchte im erbsengesegneten Jahr 1946, haben sie nicht gelernt, sie verhungerten lieber gleich! – Wie kann das verhindert werden? Es kann der Zitronenfalter nicht leben, wenn der Bauer alle Hecken rodet, die zum Teil aus Rhamnussträuchern (Faulbaum) bestehen. Leider ist die Zitronenfalterraupe monophag. Ohne Weiden kann es keinen Schillerfalter geben und so weiter. – Welches Gesetz schützt die Natur vor diesem Morden im Großen?"
Apollofalter waren früher in Bürs hin und wieder zu finden – an einer Stelle, wo die Fetthenne vor etwa 50 Jahren wuchs, kann ich mich noch gut erinnern: es war ein Grenzstein in einer extensiv gedüngten Wiese vor unserem Haus – im Zuge von Bauarbeiten und Flurbereinigung wurde der Grenzstein entfernt, mit ihm verschwand auch das Sedum. – Heute verläuft dort eine Strasse, daneben gibt es einen Parkplatz einer Wohnsiedlung, die Wiesen sind zu "grünen Wüsten" degeneriert – und der Apollofalter hat hier seit Jahren keinen Platz mehr.
Abb. 1: Der Apollofalter – hier ein Weibchen, das an den Blüten einer Distel saugt.