L. brandstetteri

© Clemens M. Brandstetter

     (from Falkner 2008): "A new slug, Limax (L.) brandstetteri n. sp., from the Maiella massif in the Abruzzi Mountains (central Apennines, Italy) is described. It belongs to the group of black high mountain slugs. The new species differs from the only previously known species of this group from the Apennines, Limax ianninii Giusti, 1973, by the formation of a papilla which is perforated by the vas deferens at its entrance into the lumen of the penis. This structure is interpreted as a rudimentary penial papilla. Further differences are the different form of the penial comb and the missing papillar structure on the inner wall of the penis. The preliminary molecular phylogeny (based on 613 nucleotides of the mitochondrial gene COI) in the frame of the Munich Limax-project confirms the specific distinctness."

    Fino ad oggi sono state descritte due specie di Limax nero dalle alte pietraie dell'Appennino centrale. Questa specie differisci da Limax ianninii sia per l'anatomia che per la genetica. Vive sulla Maiella dove è abbondante nei prati con ghiaia e pietraia al di sopra della foresta arborea. Si nutre anche di foglie di viola, in estate resta attivo nella pietraia vicino agli ultime resti di neve, l'accoppiamento non è ancora documentato.


"Mein" Limax hat wie Vieles im Leben eine bunte Entstehungsgeschichte. Einer Käfer-Exkursion in Maiella-Gebirge im Jahre 2004 ging ein Telefonat mit Gerhard Falkner voran, in dem ich ihn frug, ob es "dort" irgendwelche bemerkenswerten Schnecken zum Mitsammeln gäbe. Seine Antwort war, dass es wohl eine Limax-Art geben m&¨sse: grosse Nacktschnecken, schwarz, braunrot oder grau. Bei einer vorigen Exkursion im Jahre 2003 hatte ich mehrmals grosse schwarze Schnecken gesehen und auch fotografisch dokumentiert. Sie fanden sich relativ häufig im schütteren Bewuchs der alpinen Fluren, die regelmässig mit Steinen durchsetzt waren. 2004 hatten wir beide schon E-Mail und die Schneckenart auf dem Foto war von Gerhard nun schnell als etwas "Neues" erkannt worden. 

Die Enttäuschung im Frühjahr 2004 war dann aber gross, als wir (Andreas Kapp und ich) feststellen mussten, dass das Gebiet noch unter einer teilweise dicken Schneedecke lag; eine erfolgreiche Suche würde es diesmal nicht geben. – Schade! 

Im Jahr 2005 sollte es dann möglich werden, denn ich hatte mich vorab bei Adelaide und Peppino (Locanda Lumapuzz', Lettomanoppello) nach den Witterungsverhältnissen erkundigt; alle sei schneefrei, man könne bis zum "Blockhaus" fahren. Dieser Begriff "Blockhaus" findet sich in den meisten Landkarten des Maiella-Gebirges, allein das Haus ist heute unauffindbar. Im Internet fand ich dafür folgende Erklärung: "Der ungewöhnliche Name datiert aus dem 19. Jahrhundert, als es in Italien modern war, bei militärischen Belangen deutsche Begriffe zu verwenden. Zur Bekämpfung der Briganten (outlaws), die sich im unzugänglichen Maiella-Gebiet festgesetzt hatten, wurde auf dem Gipfel ein Polizeiposten eingerichtet, der im „Blockhaus” untergebracht war. Heute ist der Berg ein beliebtes Ski(touren)gebiet, das sich durch hohe Schneesicherheit auszeichnet."

Nun hatte ich ein Woche Zeit, Tiere zu finden: alle Tagesexkursionen brachten allerdings kein einziges Tier zum Vorschein; Steinewenden – nichts! Schon ein bisschen verzweifelt erzählte ich meine Misserfolge von Sonntag bis Mittwoch in meinem "Basislager" Lumapuzz' und Peppino versprach mir, mir eine Nachtexkursion ins Gebiet zu ermöglichen, allerdings wolle man im Anschluss noch auf die Wildsau-Beobachtung (*) gehen. Egal – ich wäre damals sogar mit dem Teufel geritten!

Dieser Donnerstag-Abend ist mir noch heute in Erinnerung, als ob es gestern gewesen wäre: die Locanda ist Treffpunkt der Hirten und Waldarbeiter und im Nebenraum ging es hoch her; ich durfte als "Exot" in der fröhlichen Runde mitessen und -trinken. Zum abendlichen "Cena" gab es nebenher fave, ein grosse Bohnenart (**), die es vor allem im späten Frühjahr in den Abruzzen zu fast jedem Essen gibt. Gang um Gang wurde serviert, Geschichten erzählt, gelacht, geraucht, getrunken. Ich glaubte eigentlich nicht mehr daran, dass es noch eine Nachtexkursion geben soll. Fast vor Mitternacht war es dann doch so weit, plötzlich, ein kurzes "Andiamo", und schon gings zum Jeep. 

Irgendwann nach Mitternacht erreichten wir die Strasse, die in Richtung Blockhaus führt; an verschiedenen Stellen, meist Ausweichstellen und durch den Strassenbau notwendige Böschungabbrüche lag noch Schnee; an einer dieser Stellen parkierten wir und nun kamen die Wildschwein-Scheinwerfer zum Einsatz: alles war plötzlich taghell. Meine guten Stirnlampen erwiesen sich als Spielzeugfunzeln. 

Ja und dann sahen wir sie: schwarze Nacktschnecken auf den Steinen – immer in der Nähe des Schnees, also dort wo es kühl und vom Schmelzwasser feucht war. Wir zählten rund 40 Exemplare; grössere wurden mitgenommen, um sie der Wissenschaft zuzuführen. 


Abb. 1: Namenlos: "Schwarze Nacktschnecke" im Jahre 2003 – dieses Bild wurde zum Ansporn für weitere Forschungen.


Abb. 2: Frühjahr 2004: Schnecken suchen möglich – Schnecken finden aber nicht!


Abb. 3: Ein üppiges Abendessen in der Locanda Lumapuzz' in Lettomanoppello (PE). Würde es nun doch noch zum nächtlichen Aufbruch kommen?


Abb. 4: Endlich im Jahre 2005 – das Versäumnis aus dem 2003 wieder nachgeholt. Auf den Felsbrocken in der Nähe der Schneefelder finden sich die Tiere in grosser Anzahl.


Im Jahre 2008 wurde die neue Art von Gerhard Falkner beschrieben (Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde A, Neue Serie 1: 133–142). Hier zitiere ich aus seiner Zusammenfassung: 
"Ein neue Nacktschnecke, Limax (L.) brandstetteri n. sp., aus dem Maiella-Massiv in den Abruzzen (Zentral-Apenninen, Italien) wird beschrieben. Sie gehört zum Lebensformtyp der schwarzen Hochgebirgsschnegel. Die neue Art unterscheidet sich von der bisher einzigen aus den Apenninen bekannten Art dieses Typs, Limax ianninii Giusti, 1973, durch die Ausbildung einer vom Vas deferens an dessen Einmündung durchbohrten Papille, die als rudimentäre Penispapille gedeutet wird. Weitere Unterschiede bestehen in der Ausbildung des Peniskamms und dem Fehlen der Papillenstruktur auf der Innenwand des Penis. Die vorläufige molekulargenetische Analyse (basierend auf 613 Basenpaaren des mitochondrialen COI-Gens) im Rahmen des Münchner Limax-Projekts bestätigt die artliche Selbständigkeit."


Viele Versuche, diese Art zur Paarung zu bringen sind fehlgeschlagen. Es konnte bisher weder eine Freiland-Paarung beobachtet werden, noch war es möglich, die Tiere in Gefangenschaft dazu zu bewegen. In meinem Garten gibt es sowohl einen für Paarungen idealen alten Baum, als auch eine Felsenimitation. Eine gemeinsame Haltung der Tiere ist nicht möglich, da sie vor Kannibalismus nicht zurückschrecken. Im Gebiet des Maiella-Gebirgsstocks konnte ich dennoch ein paar bemerkenswerte Hinweise zur Biologie der Tiere finden: sie sind Vegetarier; das Angebot an Flechten, Moosen und Pilzen ist vorhanden, allerdings fressen die Tiere auch die nach der Schneeschmelze auftauchenden Kronblätter der Veilchen (Viola eugeniae – Abb. 5). Eine Exkursion ins Maiellagebiet Ende September 2013 brachte eines zum Vorschein: die dort vorgefundenen Butterpilze werden verschmäht. 

Abb. 5: Die Kronblätter der Veilchen (Viola eugeniae) werden gefressen!

 


Verbreitung: 

Limax brandstetteri Verbreitung
Landkarten von Deutschland auf stepmap.de

 


 

Literatur:

Falkner, G. 2008: Limax (Limax) brandstetteri n. sp. – ein neuer Hochgebirgsschnegel aus den Abruzzen (Gastropoda: Limacidae). – Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde (A, Neue Serie), 1: 133-142, Stuttgart.

 

 

 

 

 

StepMap

 

 

 

 

 

 

Limax brandstetteri Verbreitung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


(*) Wildschweine sind in vielen Landschaften Italiens zu einem Problem geworden. Vor wenigen Jahren wurden durch staatliche Behörden im Maiella-Gebiet veranlasst, mittels Treibjagd die Wildschweine in Absperrungen zu treiben und dort zu erschiessen. Angeblich fielen damals etwa 6.000 Tiere zu Opfer; die Kadaver wurden entsorgt.

(**) Um die Fave ranken sich viele Geschichten: es wird erzählt, dass es vorkommen kann, dass Personen in einem Fave-Feld einschlafen und mehrere Stunden darin träumen. Tatsächlich gibt es allergische Reaktionen auf den Konsum der Fave – siehe Favismus

 

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