Gefahren bei 
der Etikettierung von Insekten

Clemens M. Brandstetter

 

Geschichte der Etikettierung

Es gab und gibt Insekten-Sammler, die nicht viel von einer genauen Bezettelung hielten bzw. halten. Unsere naturwissenschaftlich tätigen Vorfahren wussten es oft nicht besser oder hatten die technischen Voraussetzungen nicht, um Exemplare genauestens zu etikettieren.
Durch Einsatz der EDV vernachlässigen heute manche Sammler eine genaue Etikettierung, weil ja der ‘Rest’ in der Datenbank zu finden ist. Werden Sammlung und Rechner getrennt, sind nur mehr Minimalangaben oder gar nur Nummern auf dem Etikett zugänglich.

Die heute meist verwendete Methode

Die grösste Gefahr geht allerdings von unserer Bequemlichkeit aus: wie einfach und gemütlich ist es doch geworden, ein Etikett herzustellen. Man startet im Computer ein Schreibprogramm, druckt den gewünschten Text aus, schneidet das Etikett aus und befestigt dieses an der Nadel oder gibt es zu einem Exemplar in einem Gläschen – fertig!
Selbst berühmte Museen und Forschungsinstitute arbeiten heute mit dieser rationellen Kopier- bzw. Druckmethode und etikettieren ihr wertvolles wissenschaftliches Material auf diese Weise. Was kann aber passieren:

Die Gefahren

Kein (!) Tonerhersteller gibt schriftliche Garantien, dass der Toner, der die von uns gesetzten Buchstaben wie eine Pulverbeschichtung mittels hoher Temperaturen auf dem Papier zerfliessen lässt und auf dem Papier/Karton einbrennt, länger als fünf (!) Jahre hält. Das sind für Wissenschaftler und Sammlungen keine Zeiträume!
Die Schrift kann kurzfristig verblassen (Tintenstrahldrucker: innerhalb von zwei Monaten) oder die lasergedruckten Buchstaben lösen sich vom Papier (bei Aufbewahrung in Alkohol). Dies sind Tatbestände, deren Erfahrung ich bei Versuchen selbst gemacht habe. Die Toner der ersten Generation verblassen bereits!

… und noch eine weitere Gefahrenquelle
Nehmen Sie irgendeine Papier- oder Kartonqualität zum Etikettieren? Fragen Sie beim Verkäufer oder Hersteller nach und verwenden Sie ab sofort nur noch ‘säurefreie’ Qualitäten (z. B.: Bio Top von Neusiedler, GardaPat 13). Sie kennen sicherlich Publikationen aus der Zwischenkriegszeit; richtig, das sind jene, die bereits stark vergilbt sind oder gar erste Anzeichen machen zu zerfallen. Dasselbe kann mit Ihren derzeit hergestellten Etiketten in ein paar Jahrzehnten geschehen.

Jeder, der derzeit mit diesem Verfahren arbeitet und diese Zeilen liest, muss aufschrecken und nach Alternativen suchen.

 

Lösungsvorschläge

Exemplare in Alkohol: Mittels Bleistift werden die Funddaten auf Papier notiert und gemeinsam mit dem Exemplar in eine alkoholische Lösung gebracht. So etikettierte Exemplare können jahrzehntelang aufbewahrt werden, ohne dass die Schrift verblasst oder durch den Alkohol entfernt wird.

 

Exemplare als Trockenpräparat: Mittels Tusche, Bleistift oder Druckerschwärze werden die Funddaten auf einen säurefreien Karton (sinnvoll sind etwa 250 Gramm pro m²) geschrieben oder gedruckt und das ‘Fundort-Etikett’ auf die Nadel gespiesst. Dabei sollte beachtet werden, dass mit der Nadel keine wichtigen Informationen ‘durchlöchert’ und somit unlesbar werden. Sind eventuell gemachte Genitalpräparate getrennt vom Insekt aufbewahrt, sind genaue Querverweise mittels Nummer oder Buchstaben-Zifferncode abzusichern. Eine Liste (Buch) über angefertigte Genitalpräparationen ist hilfreich.

 

Die praktische Umsetzung:

 

(1)          Das Beschriften mittels Bleistift ist sicherlich am wenigsten erklärungsbedürftig.

(2)          Die Verwendung eines Tuschestiftes (z. B. Rotring, Staedtler) macht Probleme durch die Eintrocknung der Tusche in den kapillaren Teilen, wenn der Stift nicht regelmässig zum Einsatz kommt. Bei längeren Ruhepausen (mehrere Tage oder Wochen) empfiehlt sich eine Aufbewahrung des Schreibgerätes im Kühlschrank.

(3)          Verwendung gedruckter Etiketten: Wer die Beschriftung durch Einsatz mit der EDV tätigt, hat sicherlich sein eigenes Schriftbild, Form und andere indivduelle Eigenheiten entwickelt. Diese können und sollen beibehalten werden. Nur geben Sie bitte den Druck ausser Haus. Es empfiehlt sich für den Druck die Dienste einer kleineren Druckerei in Anspruch zu nehmen (keine sog. Schnelldruckerei, die wahrscheinlich wiederum mittels Kopierverfahren arbeitet) und bestehen Sie auf die Verwendung von Druckerschwärze und säurefreiem Karton. Es gibt zwei Möglichkeiten für die Abwicklung: Sie drucken auf Ihrem Drucker (mindestens 600 dpi) die Vorlage aus und übergeben diese zur weiteren Bearbeitung Ihrer Druckerei – bei der fototechnischen Übernahme Ihrer Vorlage auf Film bzw. Platte müssen Sie Abstriche bei der Qualität hinnehmen, was sich insbesondere bei kleinen Schriften (z. B. Arial Schriftgrösse <4) negativ auswirkt. Versuchen Sie es deshalb mit der zweiten Möglichkeit, bei der Sie keinerlei qualitative Abstriche machen müssen: Installieren Sie den Druckertreiber Ihrer Druckerei auf Ihren Computer (Option: Ausgabe als File). Sie arbeiten nun auf dem Bildschirm im Format jenes Druckers, der in der Druckerei steht. Es gibt keine Verschiebungen, unlesbare Zeichen etc. Exportieren Sie das Print-File auf eine Diskette und übergeben Sie diese der Druckerei. Dort wird Ihr File übernommen und der Film ‘direkt’ belichtet – Sie haben dadurch keinerlei qualitativen Verluste. Zudem sind die Drucker der Profis auf Qualitäten jenseits von 1200 dpi ausgerichtet. Sie haben nur einen Nachteil: wahrscheinlich werden Sie Ihren Jahresbedarf an Etiketten – z. B. bei einer Auflage von 100 Stück – mehrmals auf einer A4-Seite unterbringen. Zur besseren Auslastung der A4-Seite sollten Sie mit Kollegen zusammenarbeiten, die auf dieses System umstellen.

 

Autor: Clemens M. Brandstetter, Schesastrasse 1, A-6706 Bürs

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