Publikumsbeschimpfung

Früher gab es Theaterstücke, die hiessen so, in etwa. Meist ging es dabei darum, den Leuten den Spiegel dezent vorzuhalten, damit diese sich sozusagen seitenverkehrt ansehen konnten. Durch die Bewertung von Einschaltquoten und Publikumsgunst verschwanden solche Aufführungen und Sendungen und man hat nun nur mehr staatlich verordneten Einheitsbrei zu konsumieren, so man denn den Flimmerkasten überhaupt noch einschaltet. Auf dem Lande bleibt es bei Faschingspossen, denn seriöse Theater müssen zusperren, denn die Förderungstöpfe sind nur mehr den grossen und bekannten Inszenierungen vorbehalten. Und ausserdem will sich doch niemand mehr beschimpfen lassen, zumindest nicht die "Politick". Die tickt für sich doch richtig, die haben ihr Theater im Demel in Wien oder in einem anderen Etablissement in einer anderen schönen Stadt und lachen sich über den dummen Wähler halb tot, leider nur halb. Und so bleiben die Mainstream-Parteien immer oben und übermütige Newcomer (früher waren das Neuankömmlinge) setzen sich meist selbst wieder ins Aus, weil sie eben gegen den Strom pissen. Ähnlich ist es im Biologieunterricht – früher hiess es Naturkunde. Man ging mit Lehrer oder Professor in die Natur und stellte fest: da gibt es Tiere und Pflanzen. Heute wird dieser Unterricht reduziert zu Gunsten wichtigerer Fächer. Und so verblöden unsere Erwachsenen von morgen immer mehr, sie können nur mit Taschenrechner rechnen, verstehen "only english phrases". Wäre ich nun böse, würde ich Lamarck mit seiner Epigenetik zitieren, und wir wüssten dann, wohin unser Hausverstand sich davon macht. Und so hoffe ich, dass das niemand versteht, sich aber für so intelligent hält, das dennoch verstanden zu haben. Wer ein paar Jahre auf dem Buckel hat, der weiss, dass es beliebt ist zu sagen, "da kann man halt nix machen" und "die Politik, der, und die, und ganz besonders jener" sei Schuld. Um diesen Beitrag nicht ins Endlose wachsen zu lassen, sei erwähnt, dass es doch noch solche Sendungen gibt, in denen das Publikum immer leiser und die Kabarettisten immer übermütiger werden. Wie so Vieles findet man das heute auf youtube als Konserve – so auch die Sendung von drei Spassmachern, die über Mut, Freiheit, Stress, Urlaub, hohle Birnen, geistige Flatrate und Arschlöcher laut nachdenken. 20 %, nein 50 % von uns seien Arschlöcher. Auch ich plädiere für die 50 % – allerdings klingt es besser, wenn man behauptet 50 % der Leute seien keine Arschlöcher – Leser sind natürlich von dieser Prozentrechnung nicht betroffen….

meint Clemens M. Brandstetter

                                              

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